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GbR im Handelsregister – Rechtsscheinhaftung

Wer unrichtig als Gesellschafter einer durch Umwandlung entstandenen Gesellschaft bürgerlichen Rechts im Handelsregister eingetragen ist, kann nach allgemeinen Rechtsscheingrundsätzen für die Kosten eines Rechtsstreits haften, den ein Gläubiger der formwechselnden GmbH im Vertrauen auf seine Haftung als Gesellschafter gegen ihn führt.

Es besteht zwar keine Haftung entsprechend §§ 128 ff. HGB für die Verbindlichkeiten der GbR, sofern die Eingetragenen – etwa wegen einer vorherigen Überrtragung ihrer GmbH-Anteile – nicht auch tatsächlich Gesellschafter der GbR geworden sind.

Die Gläubigerin kann sich zur Begründung ihres Freistellungsanspruchs auch nicht gemäß § 15 Abs. 3 HGB auf die Bekanntmachung der Umwandlung – mit der fehlerhaften Angabe der Gesellschafter – berufen. § 15 Abs. 3 HGB ist auf die Eintragung von Gesellschaftern einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts in das Handelsregister nicht anwendbar, da es sich insoweit nicht um eine eintragungspflichtige Tatsache handelt.

Der Name der Gesellschaft bürgerlichen Rechts und ihre Gesellschafter nach einem Formwechsel gemäß § 235 Abs. 1 UmwG sind keine eintragungspflichtigen Tatsachen. Eingetragen werden muss nach § 235 UmwG die Umwandlung der Gesellschaft im Register der GmbH als formwechselnder Gesellschaft, aber in Abweichung von § 198 Abs. 1 UmwG nicht die Gesellschaft bürgerlichen Rechts selbst als neue Rechtsform. Eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts unterliegt nicht der Eintragung in das Handelsregister. Erst recht müssen aus diesem Grundihre Gesellschafter bei einem Formwechsel nicht in das Handelsregister eingetragen werden.

Auf nicht eintragungspflichtige Tatsachen findet § 15 Abs. 3 HGB keine Anwendung. Das folgt schon aus dem Wortlaut. § 15 Abs. 3 HGB setzt eine einzutragende Tatsache voraus. Die Vorschrift ist auch nicht mit Blick auf die Schutzbedürftigkeit des auf eine unrichtige Eintragung und Bekanntmachung nur eintragungsfähiger Tatsachen Vertrauenden entsprechend anzuwenden. Eine solche Schutzlücke besteht nicht. Derjenige, der auf nicht eintragungspflichtige Tatsachen vertraut, kann einen Anspruch nach allgemeinen Rechtsscheingrundsätzen haben.

Zum Schutz der Gläubiger der formwechselnden Gesellschaft muss beim Formwechsel in eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts auch nicht § 235 Abs. 1 UmwG in richterlicher Rechtsfortbildung dahin ergänzt werden, dass in Analogie zu § 47 Abs. 2 GBO der Name bzw. die Bezeichnung der Gesellschaft und deren Gesellschafter im Handelsregister des formwechselnden Rechtsträgers einzutragen sind, um so § 15 Abs. 3 HGB auch für den Fall der Umwandlung einer Kapitalgesellschaft in eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts nutzbar zu machen. Dass der Gläubiger einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts die Namen der Gesellschafter nicht kennt, weil sie nicht in einem öffentlichen Register verzeichnet sind, ist keine Besonderheit des Formwechsels einer GmbH in eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Vielmehr ist beim Formwechsel die Kenntnis von Namen und Anschrift der Gesellschafter sogar erleichtert, weil der Gläubiger Einsicht in die letzte Gesellschafterliste der formwechselnden GmbH nehmen und dadurch in der Regel Namen und Wohnort der Gesellschafter der entstandenen Gesellschaft bürgerlichen Rechts erfahren kann. Zwar kann der Formwechsel in eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts eine stille Liquidation einer insolvenzreifen GmbH erleichtern. Die Angabe der Gesellschafter im Handelsregister im Zusammenhang mit der Umwandlung ist aber gegenüber den Angaben in der Gesellschafterliste nicht geeignet, die stille Liquidation zu verhindern oder wesentlich zu erschweren bzw. die Rechtsverfolgung durch einen Gläubiger der GmbH zu erleichtern. Es besteht schließlich auch kein Bedarf, über § 15 Abs. 3 HGB eine Rechtsscheinhaftung für einen Gläubiger der GmbH zu eröffnen, der auf eine (unrichtige) Benennung der Gesellschafter im Zusammenhang mit der Umwandlung vertraut, weil insoweit auf die allgemeinen Rechtsscheingrundsätze zurückgegriffen werden kann.

Die als Gesellschafter Eingetragenen haften aber für die Kosten der Rechtsverfolgung, die aufgrund des von ihnen zu verantwortenden Rechtsscheins, der sich aus ihrer Eintragung als Gesellschafter der GbR in das Handelsregister ergibt, entstanden sind. Personen können als Scheingesellschafter nach Rechtsscheingrundsätzen haften, wenn sie in zurechenbarer Weise den Rechtsschein einer existierenden Gesellschaft bürgerlichen Rechts und ihrer Zugehörigkeit zu dieser Gesellschaft gesetzt haben oder gegen den durch einen anderen gesetzten Rechtsschein nicht pflichtgemäß vorgegangen sind und der Dritte sich bei seinem geschäftlichen Verhalten auf den Rechtsschein verlassen hat.

Im vorliegenden Fall haben die als Gesellschafter Eingetragenen objektiv einen ihnen zurechenbaren Rechtsscheintatbestand gesetzt. Zum Zeitpunkt der Erhebung der auf Begleichung der noch offenen Hauptforderung aus der Ratenzahlungsabrede gerichteten Klage waren die Scheingesellschafter infolge der Eintragung des Umwandlungsbeschlusses als Gesellschafter der GbR in das Handelsregister eingetragen. Dies war ihnen, wie sich aus ihrem Versuch, rund drei Monate nach der fehlerhaften Eintragung eine Änderung zu erreichen, ergibt, bekannt. Außerdem hat sie die Gläubigerin bezugnehmend auf deren Stellung als persönlich haftende Gesellschafter der GbR vor Klageerhebung unter Fristsetzung zur Zahlung aufgefordert. Angesichts der den Scheingesellschaftern bekannten Eintragung hätte spätestens daraufhin Anlass für sie bestanden, die Gläubigerin auf die fehlende Gesellschafterstellung aufmerksam zu machen.

Die Gläubigerin wiederum konnte sich durch diese Eintragung veranlasst sehen, die Klage auch gegen die eingetragenen Scheingesellschafter zu erheben. Da es sich bei den Verbindlichkeiten der Gläubigerin um Verbindlichkeiten der formgewechselten GbR handelt, hätten deren wirkliche Gesellschafter hierfür nach § 128 HGB, jedenfalls analog § 130 HGB einzustehen gehabt.

Die eingetragenen Scheingesellschafter haften insoweit, als der von ihnen zurechenbar hervorgerufene Rechtsschein die Gläubigerin zu Fehldispositionen veranlasst hat, auch wenn sie wie aufgrund der Abweisung des Hauptantrags rechtskräftig feststeht nicht für die Verbindlichkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts haften. Zu diesen Folgen des Rechtsscheins gehören die Kosten eines gegen die Scheingesellschafter im Vertrauen auf ihre Gesellschafterstellung angestrengten Rechtsstreits.

Die eingetragenen Scheingesellschafter haften nur für die Kosten der Rechtsverfolgung, die entstanden sind, weil die Gläubigerin auf den Rechtsschein, der mit der Eintragung als Gesellschafter verbunden war, vertraut hat und vertrauen durfte. Soweit Kosten dadurch entstanden sind, dass die Gläubigerin das Verfahren fortgesetzt hat, obwohl sie Kenntnis davon hatte oder sich einer Kenntnis ohne grobe Fahrlässigkeit nicht verschließen konnte, dass die Eingetragenen nicht Gesellschafter der GbR geworden sind, hat diese die Gläubigerin dagegen selbst zu tragen.


Quelle: rechtslupe.de; BGH Versäumnisurteil vom 18. Oktober 2016 – II ZR 314/15

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