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Entlastung des Geschäftsführers in der GmbH & Co. KG

Die vorbehaltlose Entlastung der Komplementärin einer GmbH & Co. KG durch ihre Mitgesellschafter bewirkt zugleich die Entlastung des Geschäftsführers der Komplementär-GmbH im Verhältnis zur Kommanditgesellschaft.

Einer Kommanditgesellschaft kann gegen den Geschäftsführer der Komplementär-GmbH ein Direktanspruchs auf den Ersatz der Schäden zustehen, die ihr aus dessen mittelbarer Geschäftsführung als Geschäftsführer ihrer Komplementärin entstanden sind. Für Schäden der GmbH & Co. KG aus der Verletzung von Geschäftsführungspflichten haftet neben der Komplementärin auch der Geschäftsführer der Komplemtär-GmbH. Jedenfalls dann, wenn die alleinige oder wesentliche Aufgabe einer Komplementär-GmbH in der Führung der Geschäfte einer Kommanditgesellschaft besteht, erstreckt sich der Schutzbereich des zwischen der Komplementär-GmbH und ihrem Geschäftsführer bestehenden Organ- und Anstellungsverhältnisses im Hinblick auf seine Haftung aus § 43 Abs. 2 GmbHG im Falle einer sorgfaltswidrigen Geschäftsführung auf die Kommanditgesellschaft. Der Geschäftsführer der Komplementär-GmbH haftet in diesem Fall der Kommanditgesellschaft nach denselben Grundsätzen wie sonst der Geschäftsführer der GmbH dieser gegenüber.

Dabei ist unerheblich, ob der Geschäftsführer für seine Geschäftsführertätigkeit eine Vergütung erhielt oder ein Geschäftsführerdienstvertrag geschlossen wurde. Denn infolge seiner Bestellung zum Geschäftsführer bestand jedenfalls ein Organverhältnis zu der Komplementär-GmbH. Schon die organschaftliche Sonderrechtsbeziehung zwischen dem Geschäftsführer und der Komplementär-GmbH entfaltet drittschützende Wirkung zugunsten der Kommanditgesellschaft.

Die vorbehaltlose Entlastung der Komplementärin einer GmbH & Co. KG durch ihre Mitgesellschafter bewirkt jedoch zugleich die Entlastung des Geschäftsführers der Komplementär-GmbH im Verhältnis zur Kommanditgesellschaft.

Entlastet allerdings die Gesellschafterversammlung der Komplementär-GmbH ihren Geschäftsführer nach § 46 Nr. 5 GmbHG, führt das jedenfalls in der nicht personen- und beteiligungsidentischen GmbH & Co. KG nicht zugleich zum Ausschluss der Kommanditgesellschaft mit Ansprüchen gegenüber dem Geschäftsführer. Ein bereits entstandener Anspruch der Kommanditgesellschaft gegen den GmbH-Geschäftsführer ist dem Einfluss der GmbH-Gesellschafter entzogen. Die Entlastung durch die GmbH-Gesellschafter kann nur dazu führen, dass die wegen des pflichtwidrigen Verhaltens ihres Geschäftsführers selbst gegenüber der Kommanditgesellschaft zum Schadensersatz verpflichtete Komplementär-GmbH ihren Ersatzanspruch gegen den Geschäftsführer nach § 43 Abs. 2 GmbHG nicht mehr geltend machen kann.

Entlastet demgegenüber die Gesellschafterversammlung der GmbH & Co. KG ihre Komplementärin ohne Vorbehalt, führt das im Umfang der Entlastungswirkung zugleich zum Ausschluss der Kommanditgesellschaft mit Ansprüchen gegenüber dem Geschäftsführer der Komplementär-GmbH.

Die Gesellschafterversammlung der GmbH & Co. KG kann den Geschäftsführer ihrer Komplementär-GmbH unmittelbar entlasten. In diesem Fall kann sie von der Ausschlusswirkung des Entlastungsbeschlusses erfasste Ansprüche gegen den Geschäftsführer nicht mehr geltend machen.

Der Geschäftsführer der Komplementär-GmbH kann sich gegenüber der Inanspruchnahme durch die Kommanditgesellschaft aber auch auf die vorbehaltlose Entlastung der Komplementärin berufen.

Mit der Entlastung der Geschäftsführung billigen die Gesellschafter die Amtsführung für die Dauer der zurückliegenden Entlastungsperiode und sprechen ihr, soweit sie ihre Tätigkeit fortsetzt, gleichzeitig für die künftige Geschäftsführung ihr Vertrauen aus. An die Entlastung ist ferner die Folge geknüpft, dass die Gesellschaft mit Ersatzansprüchen und Kündigungsgründen ausgeschlossen ist, die der Gesellschafterversammlung bei sorgfältiger Prüfung aller Vorlagen und Berichte erkennbar sind oder von denen alle Gesellschafter privat Kenntnis erlangt haben. Diese Grundsätze gelten auch für die Entlastung in der Personenhandelsgesellschaft, wie hier in einer GmbH & Co. KG.

Wird in der GmbH & Co. KG die Komplementär-GmbH vorbehaltlos entlastet, bewirkt dies zugleich den Ausschluss mit Schadensersatzansprüchen der Gesellschaft gegen den Geschäftsführer der GmbH. Da die Entlastung der Komplementär-GmbH in der Billigung ihrer Amtsführung für die Dauer der zurückliegenden Entlastungsperiode besteht, umfasst sie zwingend die Billigung der Amtsführung des Geschäftsführers der Komplementär-GmbH, durch den diese die Geschäfte der Kommanditgesellschaft führen lässt. Wollen die Gesellschafter der Kommanditgesellschaft den Geschäftsführer von der Entlastungswirkung ausnehmen, müssen sie einen dahingehenden Vorbehalt aufnehmen. Anders als dies bei einer Wirkungserstreckung auf die Kommanditgesellschaft bei der Entlastung des Geschäftsführers durch die Gesellschafter der Komplementär-GmbH der Fall wäre, verzichtet die Gesellschafterversammlung der Kommanditgesellschaft mit der Entlastung der Geschäftsführung auf die Geltendmachung von Ansprüchen ihrer Gesellschaft und entscheidet nicht über Ansprüche Dritter.

Gesellschafterliche Treuepflicht Ist die Entscheidung der Mehrheit der Gesellschafter von einer Mehrheitsklausel im Gesellschaftsvertrag gedeckt, muss auf einer zweiten Stufe im Rahmen einer inhaltlichen Wirksamkeitsprüfung untersucht werden, ob sich der Beschluss als treupflichtwidrige Ausübung der Mehrheitsmacht gegenüber der Minderheit darstellt, oder ob sonstige zur materiellen Unwirksamkeit gegenüber allen oder einzelnen Gesellschaftern führende Gründe vorliegen.

Für die Frage eines Verstoßes gegen die gesellschafterliche Treuepflicht zu beurteilen ist, wofür derjenige darlegungs- und beweisbelastet ist, der sich auf einen solchen Verstoß beruft, hier also derjenige Gesellschafter, der den Beschluss anficht.

Im hier entschiedenen Fall hat in der Berufungsinstanz das Oberlandesgericht Frankfurt am Main die partielle Beweislastumkehr aus dem Innenhaftungsprozess zur Anwendung gebracht, wonach die Gesellschaft die Darlegungs- und Beweislast nur dafür trifft, dass und inwieweit ihr durch ein sich als möglicherweise pflichtwidrig darstellendes Verhalten des Organmitglieds in dessen Pflichtenkreis ein Schaden erwachsen ist, wobei ihr die Erleichterungen des § 287 ZPO zugutekommen können, und demgegenüber das beklagte Organmitglied darzulegen und erforderlichenfalls zu beweisen hat, dass es seinen Sorgfaltspflichten nachgekommen ist oder kein Verschulden trifft oder dass der Schaden auch bei pflichtgemäßem Alternativverhalten eingetreten wäre.

Das ist für den Bundesgerichtshof jedoch bereits im Ansatz verfehlt. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs rechtfertigt sich die dargestellte Abweichung von dem Grundsatz der Beweislast des Anspruchstellers für sämtliche anspruchsbegründenden Umstände aus der Erwägung, dass das jeweilige Organmitglied die Umstände seines Verhaltens und damit auch die Gesichtspunkte überschauen kann, die für die Beurteilung der Pflichtmäßigkeit seines Verhaltens sprechen, während die von ihm verwaltete Korporation in diesem Punkt immer in einer Beweisnot wäre. Diese größere Sachnähe des Organmitglieds ließe sich zwar dem als Geschäftsführer der Komplementär-GmbH tätigen Kommanditisten zurechnen, nicht aber den übrigen Kommanditisten, denen ein treuwidriges Abstimmungsverhalten vorgeworfen wird.

Unabhängig davon hat das Oberlandesgericht Frankfurt a.M. verkannt, dass der anfechtende Gesellschafter keinen Haftungsprozess führt, sondern die Unwirksamkeit der Entlastungsbeschlüsse festgestellt wissen will. In diesem Fall liegt die Beweislast aber so, dass derjenige, der behauptet, ein Beschluss stelle sich als treupflichtwidrige Ausübung der Mehrheitsmacht gegenüber der Minderheit dar, dies bis auf hier nicht vorliegende Ausnahmefälle zu beweisen hat.

Es ist Sache der Gesellschafter, darüber zu befinden, ob ein Geschäftsführer wegen etwaiger Pflichtwidrigkeiten zur Rechenschaft gezogen oder ob auf Ansprüche gegen ihn durch Entlastungs- oder Generalbereinigungsbeschluss verzichtet werden soll. Wegen des weiten Ermessensspielraums der Gesellschafter bei der Entlastung, ist ein Entlastungsbeschluss nur anfechtbar, wenn keine andere Entscheidung als die Versagung denkbar und die Entlastung missbräuchlich ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn dem Geschäftsführer schwere Pflichtverletzungen vorzuwerfen sind und der Gesellschaft ein erheblicher Schaden zugefügt wurde.

Dagegen scheidet eine Treuwidrigkeit wegen eines verfrüht gefassten Entlastungsbeschlusses aus. Wegen der Verzichtswirkung ist eine Entlastungsentscheidung auch treuwidrig, wenn sie zu einem Zeitpunkt getroffen wird, zu dem die Gesellschafter zwar von der Pflichtverletzung erfahren haben, aber noch nicht in der Lage sind zu beurteilen, ob der Gesellschaft ein Schaden zugefügt wurde, und sie nur dazu dient, den Geschäftsführer der Verantwortung für sein Verhalten zu entziehen und eine weitere Untersuchung zu verhindern. Unter diesem Gesichtspunkt scheidet die Treuwidrigkeit der Stimmabgabe der übrigen Kommanditisten aus, weil der von dem (externen) Hausverwalter verursachte Schaden nach Einholung eines Gutachtens jedenfalls teilweise bekannt war und der Verwalter gegenüber der Gesellschaft bereits vor der Beschlussfassung über die Entlastung der Komplementär-GmbH ein notarielles Schuldanerkenntnis über 526.315 € abgegeben hatte.

Die Stimmrechtsausübung war auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Verfolgung ausschließlich eigennütziger Zwecke wegen des Einsatzes von Mehrheitsmacht zur Erlangung ungerechtfertigter Sondervorteile treuwidrig. Der als Geschäftsführer der Komplementär-GmbH tätige Gesellschafter als von der Entlastungsentscheidung mittelbar Betroffener unterlag einem Stimmverbot und hat auch nicht mitgestimmt. Die übrigen Kommanditisten sind von den Folgen der Entlastungsbeschlüsse als Mitgesellschafter in gleicher Weise betroffen wie der anfechtende Gesellschafter.


Quelle: BGH Urteil vom 22. September 2020 – II ZR 141/19