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Fristlose Beendigung eines Geschäftsführervertrages – Arbeitsgericht

Streiten die Parteien ausschließlich nach Maßgabe des § 626 BGB um die fristlose Kündigung eines Geschäftsführerdienstleistungsvertrages, so handelt es sich um einen et-et-Fall, so dass lediglich die bloße Behauptung des (Ex-)Geschäftsführers, es handele sich um ein Arbeitsverhältnis, zur Begründung des Rechtsweges zu den Gerichten für Arbeitssachen nicht ausreicht.

Gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3 ArbGG sind die Gerichte für Arbeitssache ausschließlich zuständig u. a. für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern aus dem Arbeitsverhältnis sowie über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Arbeitsverhältnisses.

Die genannten Voraussetzungen hat der (Ex-)Geschäftsführer vorliegend nicht hinreichend dargelegt und sind im Übrigen unter Berücksichtigung des gegebenen Sach- und Streitstandes auch nicht erfüllt.

Dem (Ex-)Geschäftsführer ist zwar zuzustimmen, dass die Fiktionswirkung gemäß § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG hier nicht greift, da die Abberufung als Geschäftsführer vor Zustellung der Klage und damit auch vor der Entscheidung über die Rechtswegzuständigkeit erfolgte.

Soweit der (Ex-)Geschäftsführer aber offensichtlich unter Berufung auf die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 22.10.2015 der Auffassung ist, mit einer Abberufung als Geschäftsführer im laufenden Rechtswegzuständigkeitsverfahren bzw. vor Klagezustellung sei automatisch ein sic-non-Fall gegeben, so vermag die Kammer dem nicht zu folgen. Denn unabhängig von der Frage einer Fiktionswirkung gemäß § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG reicht die bloße Rechtsansicht der klagenden Partei, bei der streitigen Vertragsbeziehung handele es sich um ein Arbeitsverhältnis, nur dann zur Begründung des Rechtsweges zu den Gerichten für Arbeitssachen aus, wenn nach den tatsächlichen Feststellungen ein sic-non-Fall gegeben ist. Dies wiederum setzt voraus, dass die gestellten Klageanträge ausschließlich nur dann begründet sein können, wenn das Rechtsverhältnis als Arbeitsverhältnis einzuordnen ist und nach wirksamer Beendigung der Organstellung fortbestand oder wiederauflebte. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn die klagende Partei ausdrücklich das Bestehen eines Arbeitsverhältnis geltend macht, etwa im Zusammenhang mit einem vorhergehenden und dann wieder auflebenden Arbeitsverhältnis.

Die genannten Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt.

Die vom (Ex-)Geschäftsführer gestellten Klageanträge – insbesondere auch die auf Fortbestand des Vertragsverhältnisses gerichteten Feststellungsanträge – sind allesamt nicht der vom BAG entwickelten sic-non-Konstellation zuzuordnen.

Die geltend gemachten Zahlungs- und Schadensersatzansprüche resultieren – im Fall der Begründetheit – unmittelbar aus dem Geschäftsführerdienstvertrag. Mit den bezüglich der Kündigungen gestellten Feststellungsanträgen greift der (Ex-)Geschäftsführer ausschließlich die aus seiner Sicht rechtsunwirksamen fristlosen Kündigungen an, die im Rahmen und nach den Vorgaben des § 626 BGB und mithin nicht auf einer ausschließlich arbeitsrechtlichen Grundlage zu überprüfen sind.

Vor diesem Hintergrund reicht die bloße Behauptung des (Ex-)Geschäftsführers, bei dem Geschäftsführerdienstvertrag handele es sich um ein Arbeitsverhältnis, nicht aus. Vielmehr hätte der (Ex-)Geschäftsführer im Einzelnen jedenfalls schlüssig die Umstände darlegen müssen, aus denen ggf. der Bestand eines Arbeitsverhältnisses hätte geschlussfolgert werden können. Der diesbezüglich mangelnde Sachvortrag geht zu seinen Lasten. Im Gegenteil kann nach den Vereinbarungen in dem Geschäftsführerdienstvertrag der Bestand eines Arbeitsverhältnisses gerade nicht festgestellt werden. So heißt es beispielsweise in § 3 Abs. 1 und Abs. 2 wie folgt:

  1. Der Geschäftsführer hat die Geschäfte der Gesellschaft mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns zu führen und die ihm nach Gesetz, Satzung, ggf. Geschäftsordnung der Geschäftsführung sowie diesen Vertrag obliegenden Pflichten gewissenhaft zu erfüllen. Er hat den Weisungen der Gesellschafterversammlung Folge zu leisten.
  2. Der Geschäftsführer nimmt die Rechten und Pflichten des Arbeitgebers im Sinne der arbeits- und sozialrechtlichen Vorschriften wahr.

Auch die übrigen Bestimmungen in dem Geschäftsführerdienstvertrag lassen keine rechtsrelevanten Schlussfolgerungen auf den Bestand eines Arbeitsverhältnisses erkennen.

Lediglich der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, dass der ursprünglich zwischen den Parteien bestehende Anstellungsvertrag an dem vorliegenden Ergebnis nichts ändert, da dieses Arbeitsverhältnis mit Unterzeichnung des Geschäftsführerdienstvertrages durch die Parteien beendet worden ist.

Auch der Umstand, dass die Abberufung als Geschäftsführer hier zeitlich vor der Beendigung des Vertragsverhältnisses liegt, rechtfertigt kein anderes Ergebnis. Denn der rechtliche Charakter des Vertragsverhältnisses eines – ehemaligen – Organvertreters ändert sich nicht allein durch die Abberufung als Geschäftsführer. Durch den Abberufungsakt wird das Vertragsverhältnis nicht automatisch zum Arbeitsverhältnis.


Quelle: rechtslupe.de; LAG Mecklenburg -Vorpommern, Beschluss vom 19. November 2015 – 3 Ta 38/15